Montag, 10. August 2015

Zurück

Und da bin ich wieder. Im regnerischen Deutschland.
"Und wie ist es wieder hier zu sein?" ist meist die erste Frage die ich zu hören bekomme.
Komisch. Schön aber komisch. Und vor allen Dingen so normal.
Ich bin gerade mal einen Monat hier und komme mir so vor als wäre ich niemals weg gewesen. Thailand kommt mir vor wie ein Traum und ich stecke schon wieder kinntief im deutschen Alltag.
Obwohl Alltag etwas übertrieben ist, denn zurzeit arbeite ich nicht, gehe nicht zur Uni oder mache sonst irgend etwas regelmäßiges.
Als ich wieder gekommen bin war es natürlich erstmal etwas merkwürdig. Ich habe neben der Toilette die "Popo-dusche" gesucht, habe lauwarm geduscht (da ich warmes Wasser nicht gewohnt war), kein Leitungswasser getrunken weil es mir schmutzig vorkam und hatte Angst vorm Autofahren. Mittlerweile ist das alles weg.
Das Einzige was mir jetzt noch manchmal schwer fällt ist die Sprache. Wenn ich eine Sprache höre, die ich nicht verstehe, möchte ich automatisch auf Thai antworten. Ich war z.B. mit meiner Familie für ein paar Tage in Frankreich und konnte mich oft nur sehr schwer zurückhalten mich auf Thai zu bedanken oder zu sagen, dass ich etwas nicht verstanden habe.
Außerdem kommt es öfter vor, dass ich englische Wörter mit einbaue, was vielleicht auch daran liegen mag, dass ich nach Thailand noch drei wundervolle Wochen in Australien verbracht und dort sehr viel Englisch geredet habe.
Zu Anfang fand ich es auch unglaublich komisch, dass alle Deutsch sprechen können. Ich hatte immer das Bedürfniss überall zu zuhören, denn wenn im letzten Jahr Deutsch gesprochen wurde, wurde mit mir gesprochen. Doch plötzlich konnte ich wieder alles verstehen und war teilweise regelrecht überfordert mit all den Gesprächen die auf der Straße oder auf Partys auf mich einprasselten.
Aber auch diese "Sprach-Probleme" lassen langsam nach.

Und dann ist da noch die Höflichkeit...bzw der Mangel an Höflichkeit. Wenn ich am Bahnhof stehe und mitbekomme wie Mütter ihre Kinder anbrüllen, anderswo ein Kind die Eltern beschimpft, die Frau an der Kasse mich in keinster Weise beachtet und alle Leute sich über das Wetter, den Nachbar, die Erkältung oder anderweitigen Kleinkram aufregen würde ich am liebsten ins nächste Flugzeug springen und irgendwo hin fliegen.
Nicht unbedingt nach Thailand, denn davon habe ich nun erstmal genug. Es war eine traumhafte Erfahrung und ich bereue keine Sekunde davon, aber trotzdem ist die Kultur und vor allem das "hinter-dem-Rücken-reden", oft unzuverlässig sein und die dort vorherrschende Hirarchie etwas, womit ich mich nie ganz anfreunden konnte.
Trotzdem vermisse ich auch einige Dinge an Thailand. Meine Schüler am allermeisten und natürlich auch das phänomenale Essen, die Natur und die "mai bpen rai" (kein Problem) - Einstellung.

Vergangenes Wochenende war das erste von zwei Nachbereitungsseminaren, wo sich alle Thailand-Freiwillige nochmal wieder getroffen haben und ihre Erlebnisse ausgetauscht haben. Und alle haben erzählt, wie anstrengend es doch sei, dass sich in Deutschland über jede Kleinigkeit aufgeregt wird. Das so vertraute "mai bpen rai" ist hier nunmal leider nicht bekannt.
Außerdem ist vielen noch etwas aufgefallen, was auch ich festgestellt habe: Das Interesse der Freunde, Verwandten und Bekannten an Thailand ist meist von kurzer Dauer.
Natürlich wird man gefragt wie es denn nun war, aber länger als fünf Minuten hält keiner durch bevor von dem Streit mit der Schwester, dem Stress mit dem Boss oder den eigenen Auslands-Erfahrungen erzählt wird. Es gibt Ausnahmen, ganz klar, aber allgemein geht es uns allen Freiwilligen mit unseren Erzählungen und die daraufhin schnell auftauchende Desinteresse so.
Das ist jedoch vollkommen verständlich, denn fast keiner hat schonmal in einem so weit entfernten und andersartigen Land gelebt und kann es sich somit nicht vorstellen. Darum kommt man lieber schnell wieder zurück auf vertraute Themen. Und das ist okay so. Wir Freiwilligen haben uns oft schon damit abgefunden und wenn wir doch mal starken Erzähldrang haben rufen wir uns halt gegenseitig an.

Eine andere Sache, vor der ich etwas Angst hatte, war das wieder eingliedern in meinen Freundeskreis (der sich im Auslandsjahr auch teilweise verändert hat). Letztendlich war meine Angst etwas unbegründet, denn das Meiste ist beim alten geblieben und es war einfach wieder Anschluss zu finden, da fast alle noch in Köln sind und ich die meisten Freunde und somit auch die meisten Gesprächsthemen noch kenne. Aber trotzdem geht es mir auch dort manchmal wie vielen anderen Freiwilligen auch: Ich wundere mich über die Gesprächsthemen. Aber das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass ich ein Jahr lang so viel neues erlebt habe, über das ich geredet habe und immernoch rede während das spannenste was hier vor Ort passierte halt nunmal war was AB zu XY gesagt hat oder was auf der Party nebenan passiert ist. Und auch das ist völlig normal und okay aber für uns Freiwillige manchmal etwas schwer da mit zu reden.

Generell habe ich aber auch das Gefühl, dass man sich im Ausland auf eine Art und Weise verändert, wie es im eigenen Land einfach nicht geht. Ich hatte einmal eine Diskussion mit einer Freundin die meinte, man könne sich auch in Deutschland stark verändern. Das ist ja auch vollkommen richtig. Aber während ich ein Jahr in einem fremden Land war, mich mit der Kultur auseinander gesetzt und mich angepasst habe, eine andere Lebensweise kennen und leben gelernt habe, umgeben war von Leuten mit einer anderen Sprache, Denkweise, Aussehen, Kultur, unterrichtet und Noten gegeben habe, alleine gewohnt und mich oft auch alleine durchgeschlagen habe, Problemen gegenüber stand, die es in Deutschland so einfach nicht gibt, etc. ...haben die meisten im vertrauten Umfeld gewohnt, viele bei den Eltern, haben ihren normalen Alltag fortgeführt und einfach ihr gewohntes Leben weiter gelebt. Das macht mich nicht reifer oder besser aber ich habe Erfahrungen und Erlebnisse die viele in meinem Umfeld einfach nicht verstehen. Und das macht das eingliedern manchmal etwas schwer.

Andererseits bin ich immer wieder überrascht, wie normal der ganze Rest schon wieder ist.
Bald fängt für mich die Uni an und ich freue mich auch darauf, meinem Traumberuf näher zu kommen. Andererseits erschlägt mich der Gedanke an all die Jahre Studium etwas. Zur Zeit möchte ich einfach nur wieder raus in die Welt und reisen. Ich habe noch so viele Dinge nicht gesehen und kann mir nicht vorstellen nun die nächsten 6-7 Jahre in einem Städtchen an der Grenze zu den Niederlanden fest zu stecken, mit der Nase im Buch und Gesprächsthemen wie die letzte Party, was man anzieht oder das Lernen. Es muss jetzt keiner aufschreien und mir einen Vortrag halten, wie toll die Uni-Zeit ist. Das weiß ich ja auch irgendwo irgendwie. Und natürlich gibt es Auslandssemester usw. aber die Freiheit zu Reisen und die Welt zu entdecken habe ich dann erstmal für ein Weilchen nicht mehr (und das Geld natürlich auch nicht^^).

Zusammenfassend kann man all meine Gefühle über's Heimkommen in einem Spruch zusammen fassen, den mir eine Freundin vor einiger Zeit geschrieben hat: 

"It's a funny thing coming home.
Nothing changes.
Everything looks the same.
Feels the same.
Even smells the same.
You realize what's changed is you."
- F. Scott Fitzgerald

Ich hoffe ich habe euch nun einen guten Einblick über mein komplettes Jahr in Thailand gegeben. Natürlich gibt es vieles anderes zu berichten und auch einige Dinge, die in einem Blog einfach nichts zu suchen haben, aber im Großen und Ganzen beinhaltet dieser Blog den Hauptteil meines Freiwilligendienstes in Thailand.
Noch einmal ein RIESENGROßES Dankeschön an alle, die mich in diesem Jahr unterstützt haben. Sei es durch Geld, durch Zuhören, Verständnis, liebe Worte, Bilder usw. Vielen, vielen Dank euch allen! Und auch ein riesen Dankeschön an meine Organisation AFS und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ohne die das alles gar nicht möglich gewesen wäre!
Ich werde dieses Jahr niemals vergessen und sehr viel davon mitnehmen, was mich mein Leben lang begleiten wird.

Eure Insa


"Life isn't about finding yourself - Life is about creating yourself."



P.S. Ich möchte noch einmal betonen, dass dieser Blog nur meine Meinungen und Ansichten beinhaltet. Alle Freiwilligen haben unterschiedliche Erfahrungen und Erlebnisse in Thailand gehabt und somit ein anderes Bild über Thailand. Nehmt also diesen Blog nicht als das einzig Wahre war und bildet euch am besten euer eigenes Bild von diesem traumhaft schönen Land, in dem ihr selber mal hinfliegt :)
P.P.S. Ich habe im letzen Blogeintrag, sowie in dem Eintrag "Grün" noch Fotos hinzugefügt.